Einige wesentliche Konzepte, die den Unterschied zwischen Sport und Kampfkunst ausmachen.

Ikken - hissatsu

"Mit einem Schlag töten": ein wesentliches Prinzip (Kaisetsu) in den traditionellen japanischen Kampfkünsten (Budo), insbesondere im Karate. Es handelt sich darum, dass man durch die technische Perfektion und die Mobilisierung all seiner Energie in der Lage ist, in einer einzigen Bewegung unter zu Hilfenahme einer "natürlichen Waffe" des Körpers (Hand, Fuß, Knie, Ellenbogen, ....) einen Schlag zu führen, dessen Wirkung auf den Gegner definitiv d.h. tödlich ist (Todome-waza). Ein solches Resultat muss sowohl sicher als auch durch denjenigen gewollt sein, der diesen Schlag erteilt, falls er sich, um sicher zu sein, eine Aggression zu stoppen und somit sein Leben zu retten, gezwungen sieht, diesen Schlag zu führen. Bei alldem darf es keinen Platz für den Zufall oder für Näherungslösungen geben. Hierzu imstande zu sein, will währenddessen nicht sagen, dass es ein Muss ist, automatisch soweit zu gehen: dazwischen tritt das Urteilsvermögen über die Realität einer Gefahr und die Fähigkeit, die zu führende Antwort zu dosieren. Dies ist genau der Lehrgedanke der Künste des klassischen Budo, gemäß denen man nur dann kämpft, wenn es anders nicht möglich ist, dann aber jedoch mit einer solchen Stärke, dass das Ausscheiden des Gegners aus dem Kampf oder gar sein Tod gesichert ist. Wohl gehört, ein entsprechendes Training innerhalb des Dojos ist nicht trennbar vom Erlernen der Kontrolle: jede mit Kraft und Präzision, im Geiste von Ikken-hissatsu geschlagene Technik muss unbedingt und klar einige Zentimeter vor dem anvisierten Ziel gestoppt werden (Sun-dome). All dies macht den Unterschied zwischen einer Praxis im kriegerischen Geiste, in der die Begriffe von Leben und Tod ständig präsent sind, und einer Praxis mit sportlichem Charakter aus, in der es sich darum dreht, Punkte selbst auf Kosten von ausreichend schmerzhaftem Kontakt zum Verletzen zu erzielen, welcher allerdings in einem reellen Kampf ums Leben nicht den entscheidenden Sieg sichert. Hieraus resultieren eine Haltung (Shisei) und ein Verhalten, die sich für beide unterscheiden.

Sun-dome

Die Kontrolle über einen Schlag, kraftvoll mit Kime-Gefühl, auf kurze Distanz (Sun = kurze Distanz, Dome von Tomeru = stoppen) zu dem für den Aufschlag anvisierten Punkt gestoppt. Im Gegensatz zum sportlichen Karate, wo die Schläge mehr oder weniger gemäß den aufgestellten Regeln oder der eventuell getragenen Schutzkleidung zurückgezogen werden, stellt das traditionelle Karate (Koshiki-Karate) Sun-dome in den Rahmen des Dojos, um alle schweren Unfälle zu vermeiden.

Kake-goe

Die Zeit des Aufschlages einer Atemi-Technik. Dieser Aufschlag kann im Training nur virtuell und simuliert sein, der Schlag muss unbedingt einige Zentimeter vor dem anvisierten Punkt (Sun-dome) enden. Von dieser Zeit hängt die Realität des Energietransfers einer Technik (gegen ein Ziel) und somit seine Effektivität ab.

Todome-waza

In den traditonellen japanischen Kampfkünsten (Budo), die entscheidende, abschließende Technik, diejenige die dem reellen Kampf ein Ende bereitet, folglich mit tödlichen Konsequenzen.

(Auszüge aus "Encyclopédie des Arts Martiaux de l'Extrême-Orient" von G. und R. Habersetzer, erschienen 2000 bei Editions Amphora. Copyright)

 

Übersetzt von Erhard Weidenauer